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Fluorid für Kleinkinder – Tabletten oder Zahnpasta?

Fluorid kann Milchzähne vor Karies schützen. Ärzte sind jedoch uneins, ob Tabletten oder Zahncremes besser für Kleinkinder geeignet sind.

Der Kampf gegen Karies macht seit Jahren gute Fortschritte, fast alle Altersklassen können sich über gesündere Zähne freuen. Bis auf eine Ausnahme: Bei Kleinkindern unter drei Jahren ist die Kariesprophylaxe weiterhin mangelhaft. Eines von sieben Kindern entwickelt schwere Schäden an den Milchzähnen, die mit großem Aufwand – teils sogar unter Narkose – behoben werden müssen1.

Fluorid bei Kleinkindern – zwei Empfehlungen

Eine ausreichende Versorgung mit Fluorid könnte viele Milchzähne retten, da sind sich Experten einig2. Kleinkinder nehmen jedoch nur wenig Fluorid über die Nahrung auf, so dass die Versorgung auf anderem Weg erfolgen muss: Über Tabletten und Zahnpasten mit Fluorid, die speziell auf die Bedürfnisse von Kleinkindern zugeschnitten sind.

Die Eltern dürfen dabei jedoch nicht übertreiben, da die Überdosierung von Fluorid eine schädliche Fluorose auslöst. Also entweder Tabletten oder Zahnpasta, aber nie beides zugleich. Doch was von beidem ist die bessere Wahl? Die Entscheidung ist nicht einfach, selbst Mediziner vertreten in dieser Frage unterschiedliche Standpunkte1: Zahnärzte empfehlen fluoridierte Zahnpasten, während Kinderärzte auf Fluoridtabletten setzen.

Zahnärzte setzen auf fluoridhaltige Zahnpasten

Die Zahnärzte begründen ihren Standpunkt damit, dass Fluorid seine stärkste Wirkung vermutlich im Mundraum entfaltet. Dort kann es direkt auf das Gebiss einwirken und den Zahnschmelz widerstandsfähiger machten. Fluoridhaltige Zahnpasten versprechen daher eine höhere Wirksamkeit als Tabletten.

Allerdings schlucken Kleinkinder oft einen Teil der Zahncreme herunter, was im ungünstigen Fall zu einer Überdosierung von Fluorid führen kann. Daher sollten Eltern Kinderzahnpasten mit vermindertem Fluoridgehalt (etwa 500 ppm) verwenden und zudem nur kleine Mengen auf die Zahnbürste auftragen. Dann ist die Gefahr gering, dass die tägliche Höchstdosis an Fluorid – weniger als 0,1 mg Fluorid pro kg Körpergewicht – überschritten wird.

Konkret geben Zahnärzte die folgenden Empfehlungen3:

  • nach Ausbruch des ersten Zahnes sollten Elten einmal täglich die Milchzähne mit einem dünnen Film bzw. einer reiskorngroßen Menge* Kinderzahnpasta putzen
  • ab dem zweiten Lebensjahr dann zweimal täglich mit einer erbsengroßen Menge* Kinderzahnpasta putzen
  • ab etwa dem sechsten Lebensjahr, wenn die Kinder das Ausspucken sicher beherrschen, zweimal täglich mit fluoridhaltiger Zahnpasta für Erwachsene putzen

Diese Art der Prophylaxe hat in Mecklenburg-Vorpommern bereits gute Ergebnisse erzielt. Seit 1996 gingen dort die Karies fälle bei Dreijährigen um 33 %, bei Sechs- bis Zehnjährigen sogar um 80 % zurück1. Auch die Versorgung mit Vitamin D, die oft ebenfalls über Fluoridtabletten erfolgt, hat darunter nicht gelitten.

Milde Form der Dentalfluorose

Die weißen Schatten auf den Zähnen weisen auf eine milde Form der Dentalfluorose hin. Quelle: M. Ferguson

Kinderärzte empfehlen Fluorid-Tabletten

Kinderärzte halten dem entgegen, dass die Zahnmediziner das Hauptproblem ignorieren: Vier von fünf Kleinkinder mit Karies leben in prekären Familienverhältnissen, wo der Konsum von gezuckertem Tee und anderen Süßigkeiten überdurchschnittlich hoch ist. Zudem wird häufig auch das Zähneputzen vernachlässigt – die Prophylaxe-Strategie der Zahnärzte käme hier schnell an ihre Grenzen.

Fluoridtabletten seien unter diesen Umständen die bessere Lösung, sagen die Kinderärzte. Falls die Kinder nicht Fluorid aus anderen Quellen (etwa über das Trinkwasser) zu sich nehmen, halten die Ärzte folgende Mengen für angebracht:

  • ab 8. Lebenstag täglich 0,25 mg Fluorid
  • ab dem zweiten Lebensjahr täglich 0,5 mg Fluorid
  • ab dem vierten Lebensjahr täglich 0,75 mg Fluorid
  • ab dem sechsten Lebensjahr täglich 1,0 mg Fluorid

Eine gemeinsame Leitlinie der ärztlichen Fachgesellschaften aus dem Jahr 2013 konnte die Kontroverse nicht auflösen4. Zahn- und Kinderärzte stimmten in fast allen Punkten überein, nur bei der Fluorid-Versorgung von Kleinkindern nicht. So endet die Leitlinie mit konträren Stellungnahmen und zwei unterschiedlichen Handlungsempfehlungen.

Kariesprophylaxe ohne Fluoride

Selbst das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wollte keine eindeutige Empfehlung aussprechen, ob die Karies-Prophylaxe bei Kleinkindern eher über Zahncremes oder Tabletten erfolgen sollte5. Als Grund nannte es den Mangel an verlässlichen Studien und Erkenntnissen: Wissenschaftlich gesicherte Aussagen seien daher im Moment nicht möglich.

Sicher ist jedoch, dass Milchzähne sorgsam gepflegt werden müssen. Fluorid hat seinen Wert bei der Kariesprophylaxe eindeutig bewiesen, ist aber nicht das einzige Mittel, um Karies zu vermeiden. Wenn Eltern auf Fluorid verzichten wollen, müssen sie hohen Wert auf die folgenden Punkte legen2:

  • gesunde Ernährung und längere Pausen zwischen den Mahlzeiten
  • sorgfältige Mundhygiene bei Kind und Eltern
  • regelmäßige und rechtzeitige Kontrollen durch einen Kinderzahnarzt
  • von Anfang an auf zuckerhaltige Getränke und Süßigkeiten verzichten
  • ständiges Nuckeln an einer Trinkflasche unbedingt vermeiden

Für eine wirksame Kariesprophylaxe gibt es bei Kleinkindern also mehrere Optionen. Egal ob mit Tabletten, Zahncremes oder durch konsequente Mundhygiene: Gesunde Milchzähne erfordern etwas Aufwand, sind aber ein lohnendes und erreichbares Ziel.

* eine Abbildung, die die Mengenangabe "reiskorngroß" und "erbsengroß" illustriert, ist bei der LAG Berlin zu finden

Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel gibt den aktuellen Stand des Wissens wieder. Er enthält jedoch nur allgemeine Hinweise, die nicht für eine Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung geeignet sind. Einen Arztbesuch kann er auf keinen Fall ersetzen.

Quellen und weiterführende Literatur

  • 1 R. Schmid, Der Kariesprophylaxe auf den Zahn gefühlt, Ärzte Zeitung, Oktober 2018 (Link)
  • 2 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Gesunde Zähne von Anfang an , kindergesundheit-info.de, Stand Mai 2021 (Link)
alle Referenzen anzeigen
  • 3 Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, Fluoride für Kinder, abgerufen April 2024 (Link)
  • 4 Fachgesellschaften für Kinder- und Zahnmedizin, S2k-Leitlinie "Fluoridierungsmaßnahmen zur Kariesprophylaxe", Januar 2013 (Link)
  • 5 Bundesinstitut für Risikoforschung, Für gesunde Zähne: Fluorid-Vorbeugung bei Säuglingen und Kleinkindern, Stellungnahme 015/2018, Mai 2018 (Link)
  • 6 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Kariesprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen, gesundheitsinformation.de, Stand August 2023 (Link)
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