Energieumsatz – der Stoffwechsel stabilisiert das Körpergewicht
Der Mensch braucht Energie, um die Lebensfunktionen zu erhalten (Grundumsatz) und körperlich aktiv zu sein (Leistungsumsatz). Eine strenge Diät kann beide Umsätze senken – was das Abnehmen oftmals erschwert.
Wer sein Gewicht reduzieren möchte, muss mehr Kalorien verbrennen als er aufnimmt – durch Sport, strenges Fasten oder andere Maßnahmen. Der Erfolg stellt sich meist rasch ein. Doch er ist selten von langer Dauer: Der menschliche Körper strebt zu seinem ursprünglichen Gewicht zurück. Eine Umstellung des Stoffwechsels hilft ihm dabei.
Wofür verbrennen wir die Kalorien?
Dieses Phänomen wird verständlicher, wenn man die Grundlagen des Stoffwechsels betrachtet. Die zentrale Frage lautet: Wie setzt der Körper die aufgenommene Energie um? Der Gesamtenergiebedarf (auch total energy expenditure, TEE) – also die Gesamtheit der Kalorien, die ein Körper am Tag verbrennt – setzt sich aus drei Komponenten zusammen1:
- Grundumsatz (auch basal metabolic rate, BMR, oder resting energy expenditure, REE)
- Leistungsumsatz (auch activity energy expenditure, AEE)
- nahrungsinduzierte Thermogenese
Den geringsten Anteil am Energiebedarf hat die nahrungsinduzierte Thermogenese: Energie, die der Körper aufwenden muss, um Nahrung zu verarbeiten. Bei ausgewogener Ernährung fließt etwa jede zehnte Kalorie in diesen Prozess, im Alltag lässt er sich daher meist vernachlässigen.
Der größte Anteil des Energiebedarfs fließt in die Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Körperfunktionen. Dieser Grundumsatz erhält die Atmung, den Blutkreislauf und die Körpertemperatur. Er verschlingt 60-80 % der aufgenommenen Kalorien2.
Die dritte Komponente stellt die körperliche Aktivität, die durch die Arbeit unserer Skelettmuskel ermöglicht wird. Also jede Art von Bewegung, die über das entspannte Liegen hinausgeht. Dieser Leistungsumsatz verbraucht durchschnittlich etwa 15-30 % des Energiebedarfs.
Hungerstoffwechsel bei Nahrungsentzug
Nun sind sowohl Grundumsatz als auch Leistungsumsatz keine unabänderlichen Werte, sondern können erheblich schwanken – auch bei einzelnen Personen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Nahrungsmenge: Wird diese plötzlich stark reduziert, schaltet der Körper auf einen „Hungerstoffwechsel“ um. In der Folge verringert sich das Gewicht, aber auch der Energieumsatz: Der Körper verbrennt deutlich weniger Kalorien.
Sehr anschaulich zeigt dies eine Studie mit 16 schwer übergewichtigen Personen, die vor einigen Jahren an der US-Fensehsendung „Biggest Loser“ teilnahmen. Zu Beginn der Staffel wogen sie durchschnittlich 149 kg, was einem Body-Mass-Index von etwa 50 entspricht. Im Laufe der Sendung unterzogen sich die Teilnehmer 30 Wochen lang einer strengen Diät und einem anspruchsvollen Fitnessprogramm, mit beeindruckendem Erfolg: Durchschnittlich verloren sie etwa ein Drittel ihres Körpergewichts, also etwa 58 kg.
US-amerikanische Wissenschaftler haben bei diesen Personen den Energiebedarf bestimmt, und zwar zu Beginn und zum Ende der Staffel3. Der durchschnittliche tägliche Grundumsatz sank in dieser Zeit von etwa 2680 kcal auf 1890 kcal. Der Gewichtsverlust erklärt allerdings nur knapp 300 kcal, die restlichen 500 kcal sind eine Anpassung an die Nahrungsknappheit. Der Körper hatte seinen Stoffwechsel umgestellt und den Grundumsatz deutlich verringert.
Dass der Energieumsatz während der strengen Diät sinkt, war zu erwarten gewesen. Doch auch nach sechs Jahren blieb der Grundumsatz auf niedrigen Niveau – er lag weiterhin 500 kcal unter dem erwarteten Wert4. Immerhin 14 der 16 ursprünglichen Teilnehmer hatten sich erneut gründlich untersuchen lassen. Ihrer geringerer Kalorienverbrauch hatte sicher Anteil an einem wenig erfreulichen Effekt: Die Meisten hatten einen guten Teil des Gewichstverlust wieder wett gemacht.
Muskeln verbrauchen weniger Energie
Viele weitere Studien haben sich mit dem Zusammenhang von Gewichtsverlust und Energieumsatz beschäftigt. Einige zeigten, dass auch die Skelettmuskeln beeinflusst werden – sie arbeiteten nach einem starken Gewichtsverlust effizienter als vor der Diät5. Ein Teil der Einsparung kam zustande, weil die Muskel vermehrt aus Typ I-Fasern bestanden: Diese kontrahieren langsamer und verbrauchen weniger Kalorien. Zudem wechseln die Muskeln auch ihre Energiequelle und decken ihren Bedarf stärker aus den Fettreserven. Nicht nur der Grundumsatz, sondern auch der Leistungsumsatz kann also bei einem schnellen Gewichtsverlust langfristig sinken.
Hat der Körper also erst einmal ein Gewicht als normal definiert, ist er bestrebt es zu halten. Abnehmwillige stehen daher vor einem Problem: Verlieren sie durch eine strenge Diät in kurzer Zeit viel Gewicht, schaltet der Körper auf eine Art Hungermodus und kann jahrelang darin verweilen. Wer nach Ende der Diät wieder zu seinen normalen Essgewohnheiten zurückkehrt, wird also unweigerlich wieder zunehmen. Langfristiger Erfolg ist nur möglich, wenn auch die Kalorienaufnahme dauerhaft reduziert wird.
Quellen und weiterführende Literatur
- 1 K. Westerterp, Control of Energy Expenditure in Humans, Endotext, März 2022 (Link)
- 2 Heydenreich et al., Total Energy Expenditure, Energy Intake, and Body Composition in Endurance Athletes Across the Training Season: A Systematic Review, Sports Medicine-Open, Dezember 2017 (Link)
alle Referenzen anzeigen
- 3 Johannsen et al., Metabolic Slowing with Massive Weight Loss despite Preservation of Fat-Free Mass, Endocrine Research, Juli 2012 (Link)
- 4 Fothergill et al., Persistent metabolic adaptation 6 years after The Biggest Loser competition, Obesity, August 2016 (Link)
- 5 Palmer und Clegg, Strategies to Counter Weight Loss-Induced Reductions in Metabolic Rate, Current Sports Medicine Reports, Juli 2019 (Link)